Mehr Aufmerksamkeit für die Rohstoffpolitik?

Titel BMWi-Broschüre
Hinwendung zu heimischen Rohstoffen? Lange gab es keine BMWi-Broschüre mehr wie diese. Cover: BMWI

BMWi-Broschüre betont Vorteile heimischer Gewinnung

Eine aktuelle Broschüre des BMWi mit dem Titel „Rohstoffe – Bergbau, Recycling, Ressourceneffizienz – wichtig für Wohlstand und Arbeitsplätze“ steht auf der Seite des Bundesministeriums als PDF-Download zur Verfügung. Zweck der Publikation ist, dem Rohstoffthema in der Öffentlichkeit zu mehr Aufmerksamkeit zu verhelfen. In vier Kapiteln werden Rohstoffe als Basis für Wohlstand und Arbeitsplätze, der Bergbau in Deutschland, Ressourceneffizienz und Recycling sowie die Bedeutung der Rohstoffimporte für Deutschland behandelt.

Im § 1Bundesberggesetz heißt es: „Zur Sicherung der Rohstoffversorgung [ist] das Aufsuchen, Gewinnen und Aufbereiten von Bodenschätzen unter Berücksichtigung ihrer Standortgebundenheit und des Lagerstättenschutzes bei sparsamem und schonendem Umgang mit Grund und Boden zu ordnen und zu fördern“.

Der betont sparsame und schonende Umgang mit unseren Bodenschätzen ist längst auch auf die geförderten Rohstoffe selbst inklusive aller Nebenströme ausgedehnt worden. Diese ganz konkrete Nachhaltigkeitsleistung ist Unternehmern zu verdanken, die über innovative technische Lösungswege das entnommene Material so vollständig wie nur möglich einer Nutzung zuführen. Der hohe Effizienzanspruch sorgt dafür, dass der lange bekannte Kernsatz: „Rohstoffe sind die Basis für unsere Volkswirtschaft“ zeitgerecht qualitativ erweitert werden kann. Denn so gelingt es, aus der gleichen Entnahmemenge einer Lagerstätte viel höhere Nutzwertquoten als vergleichsweise vor 20 Jahren zu generieren. Doch egal wie groß die Anstrengungen sind, die Versorgung verschiedenster Branchen über Kreislaufwirtschaft und Recycling sicherzustellen, wird die Gewinnung von Primärrohstoffen dadurch nicht obsolet. Wir brauchen sie jetzt und in Zukunft für den Ausbau der Energieversorgung, für Verkehrswege, Kosmetikartikel, Lebensmittel, Elektroautos oder auch andere innovative High-Tech-Produkte. An konkreten Fallbeispielen und Zahlen, wird dieser Bedarf treffend untersetzt.

Weiter verdeutlicht die Broschüre auch, dass Deutschland im Grunde ein rohstoffreiches Land ist. Mehr als 80 Prozent der national gefragten und genutzten mineralischen Rohstoffe werden aus heimischen Lagerstätten gewonnen. Aufhorchen lassen sollte der Satz: „Rohstoffversorgung aus heimischen Vorkommen bietet gegenüber Importen Vorteile. Sie ist ökologischer, sicherer und mit positiven Effekten für Arbeitsplätze im Inland verbunden“. Oh ja, das und noch mehr, möchte der fachlich versierte Broschürenkonsument sicher ergänzen, denn wenn in Situationen, wie wir sie gerade neu kennenlernen, Grenzen zeitweilig geschlossen sind, gelingt es über eigene Rohstoffe zumindest den Basisbedarf zu decken.

Das Broschürenzitat: „Es ist klug, einen Zugang zu Lagerstätten und gute Rahmenbedingungen für die Förderung zu gewährleisten, wenn entsprechende Rohstoffe im Land vorhanden sind“, wird sich der eine oder andere Unternehmer sicher gerne in großen Lettern über den Schreibtisch hängen oder seinem nächsten Genehmigungsantrag auf der ersten Seite voranstellen. Später könnte er als weiteres Zitat einfügen: Eine heimische Förderung ermöglicht auch kürzere Transportwege von Rohstoffen und damit eine bessere CO2-Bilanz bei deren Transport“.

Beschrieben werden weitere Vorteile wie die, dass „Deutschland … durch die Umsetzung von EU-Regularien und eigene, nationale Normen hohe Umweltstandards bei der Gewinnung von Rohstoffen (hat). Gleiches gilt für den Arbeitsschutz. Auch dies spricht für die heimische Gewinnung. … Wenn eine Gewinnung notwendig ist, sollte sie dort erfolgen, wo die Umwelt- und Arbeitsschutzstandards hoch sind und die Menschen wohnen, die diese Rohstoffe nutzen. … Rohstoffe zu importieren, um Belastungen vor Ort zu vermeiden, bedeutet im Gegenzug den Export von potenziellen Umweltschäden. … Für eine heimische Gewinnung spricht zusätzlich, dass Wertschöpfung, Steuereinnahmen und Arbeitsplätze in der Region entstehen und bleiben“.

Alles komplett richtig, was fast dazu verleiten könnte, endlos weiter zu zitieren. Auch jene Passagen, in denen es um den für bestimmte Rohstoffe wichtigen Regelungsrahmen des Bundesberggesetzes (BBergG) geht, der immer wieder an moderne Anforderungen angepasst und dahingehend verbessert worden ist, dass Umweltverträglichkeit, Klima- und Arbeitsschutz ihren berechtigten Platz finden, hätten es verdient.

Kurz und gut: „Eine heimische Rohstoffgewinnung wird in absehbaren Zeiträumen weiterhin benötigt, wenn Deutschland sich eine funktionierende Infrastruktur, eine sichere Energieversorgung, ein modernes Gesundheitssystem und ein leistungsfähiges Bildungssystem erhalten will“, so eines der Fazits.

Rundum gelungen, diese Broschüre, möchte man so verkürzt meinen, wenn sich da nicht subtil an diversen Stellen der mahnende Zeigefinger wider die hier tätigen Unternehmen durchpausen würde. Klar kommt die Gewinnungsindustrie ohne einen Eingriff in die Landschaft schlicht nicht an die Rohstoffe heran, andererseits steht sie dem Recycling und der Wiederverwendung aber keinesfalls konträr gegenüber. Vielmehr steckt sie – mit dem nötigen Know-how gerüstet – oftmals als technischer Vorreiter gerade auch im Kreislaufsegment aktiv drin. Schlagworte wie Recycling, Wiederverwendung, Rohstoffeffizienz oder Wiederherrichtung von Gewinnungsflächen für interessante Nachnutzungen lösen in der Branche Kopfnicken, statt Kopfschütteln aus. Dieses Selbstverständnis im Sinne des Nachhaltigkeitsprinzips hätte aus Insidersicht ein Stück mehr betont gehört.

Soweit das subjektive, in der Gesamtbewertung positive Bild, das Jeder für sich selbst bei Bedarf nach der Lektüre individuell korrigieren kann.