Rohstoffeffizienzpreis 2016
Hier zeigt unsere Branche ihre wahre Größe
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie zeichnet unter fachlicher Leitung der Deutschen Rohstoffagentur (DERA) bei der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) jährlich bis zu vier Unternehmen sowie eine Forschungseinrichtung mit dem Deutschen Rohstoffeffizienzpreis aus.
Mit diesem Preis werden herausragende Beispiele rohstoff- und materialeffizienter Produkte, Prozesse oder Dienstleistungen sowie anwendungsorientierte Forschungsergebnisse gewürdigt. Entsprechend hofften am 16. Februar 2017 alle acht nominierten Unternehmen und zwei Forschungseinrichtungen auf den prestigeträchtigen Erfolg. Für die Hälfte – vier mittelständische Unternehmen und eine Forschungseinrichtung – ging die Hoffnung auf. Verdient hätten es freilich alle zehn, darin war sich die 14-köpfigen Jury aus Vertretern der Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft einig. Doch letztendlich mussten sie sich entscheiden.
Prof. Dr. Ralph Watzel betonte als Jury-Vorsitzender und Präsident der BGR: „Die sichere und wettbewerbsfähige Versorgung der Wirtschaft mit Rohstoffen ist der Schlüssel für unsere Zukunft.“ Das bedeute für Deutschland einerseits, dass Beschaffungsrisiken abgesichert werden müssten und andererseits, dass ein kluger Umgang damit – sprich Effizienz – unabdingbar sei. Der Wettbewerb soll dafür entsprechende Zeichen setzen und gebotene Möglichkeiten illustrieren, denn neben Beispielcharakter und Innovationsgehalt war auch die Vermarktbarkeit ein Entscheidungskriterium der Jury.
Die Auszeichnung zum Abschluss der Veranstaltung vorzunehmen oblag dem Parlamentarischen Staatssekretär beim BMWi, Uwe Beckmeyer, gemeinsam mit Prof. Watzel.

Der Parlamentarische Staatssekretär Uwe Beckmeyer (1. Reihe, 2.v.l.) mit den Preisträgern 2016. Zur Trophäe gibt es eine Urkunde und ein digitales Signet als „Siegel“ des BMWi für bewiesene Innovationskraft. Foto: BGR/photothek
Das nennenswerte Tüpfelchen auf dem „i“
Zwar gehören sie nicht zu den Preisträgern, sind aber durch ihren Beitrag zur Ressourceneffizienz-Strategie eine Vorstellung wert: Im Prinzip ist es nur eines der jüngeren Ausrufezeichen, welches die Amberger Kaolinwerke aktuell gesetzt haben. Kontinuierlich auf Ressourceneffizienz bedacht, wurde beim Unternehmen der Quarzwerke-Gruppe schon seit Jahrzehnten schrittweise und stetig in neue Möglichkeiten zur Aufbereitung der gewonnenen Kaolinroherde aus den zwei Gewinnungsbetrieben des Standortes investiert, um den gewonnenen Rohstoff bedarfsgerecht aufzubereiten und so vollständig wie nur möglich zu nutzen. Neben dem einst vor allem gefragten Kaolin gewann im Zuge der langfristig angelegten Ressourceneffizienzstrategie zunehmend die Frage an Bedeutung, wie sich die im Rohstoff enthaltenen Feldspäte und Quarzsande sortenrein abtrennen und in marktgerechter Form interessierten Abnehmern zur Verfügung stellen lassen. Durch ein überarbeitetes Marktkonzept in Einheit mit einem signifikanten 25-Mio.-Euro schweren Investitionsprogramm gelang es, die Rohstoffnutzung von 60% auf >90% zu erhöhen. Als Sekundärnutzen wird die Lebensdauer der Lagerstätten erhöht und der Bestand der Arbeitsplätze um 15 Jahre auf 40 Jahre verlängert. Diese Effekte gehen mit einer gleichzeitig verringerten Flächeninanspruchnahme über die Laufzeit hinweg einher. Um den Plan umsetzen zu können, musste jedoch die bestehende Produktion komplett geändert werden. Am Standort Schnaittenbach wurde deshalb ein hochmodernes Sandwerk (GP6/2016 berichtete) errichtet und die bestehende Produktion im Werk Hirschau an die neue Rohstoffsituation angepasst. „Eingebaut“ wurden dabei gleichfalls eine deutlich höhere Energieeffizienz inklusive Abwärmenutzung für Trocknungsprozesse. Maßnahmen, die am Ende zu einem energetischen Wirkungsgrad von > 85% führen.
Für diesen Einsatz verdiente sich das Projekt eine hervorragende Nominierung. Angetreten mit dem festen Willen, einen Preis mit nach Hause zu nehmen, war dem Geschäftsführer Dr. Otto Hieber und seinem Leiter Verfahrenstechnik, Dr. Stefan Huber, am Ende zwar die Enttäuschung anzumerken, doch es wird weitere Preise geben, um die sie sich mit diesem großartigen Projekt bewerben können – um dann ganz vorn zu landen.

Nah dran: Dr. Stefan Huber und Dr. Otto Hieber, Amberger Kaolinwerke, hatten ausgezeichnete Chancen, ebenfalls zu den Gewinnern zu gehören. MIRO-Geschäftsführer Christian Haeser (v.l.n.r.) wünscht Glück. Am Ende wurde es einer der ehrenvollen zweiten Plätze. Foto: gsz
Die glücklichen und fleißigen Preisträger
„Bei solchem Material würde ich meinen Steinbruch schließen.“ Diesen Satz hat Benedikt Fahrland, Geschäftsführer des MSW Mineralstoffwerks Südwest in Stuttgart, oft genug von Branchenkollegen zu hören bekommen, denn sein Rohstoff, ein Muschelkalk, ist mit einem hohen Lehmanteil verunreinigt. Tatsächlich verabschiedete sich der Unternehmer schließlich von der wenig effizienten Verarbeitung und zwingenden Deponierung des verunreinigten, nicht vermarktbaren Materials auf dem eigenen Gelände. Allerdings wählte er dazu nicht die Schließung seines Steinbruchs sondern nutzte die Kompetenz der BHS-Sonthofen GmbH. Mit einer neuartigen technischen Lösung gelang es tatsächlich, die Materialnutzung um rund 25 % zu erhöhen und die Rohstoffeffizienz von bisher 65 bis 70 % nun auf etwa 93 % zu steigern.
Kernkomponente für diese Metamorphose ist ein modifizierter Doppelwellenmischer, der im sogenannten Combimix-Verfahren den Lehm sauber vom Gestein trennt und es so als Baurohstoff verwertbar macht. Bei der geschickten Kombination aus praktischer Physik und Chemie spielt der Zusatz einer geringen Menge Weißfeinkalk eine wichtige Rolle. Durch den Kontakt und die Verbindung mit dem Lehm wird dieser getrocknet und lässt sich im Mischprozess zuverlässig abreiben. Millionen Tonnen bereits deponierter verunreinigter Rohstoffmassen – also verloren geglaubtes Material – können somit „reaktiviert“ und marktgerecht aufbereitet werden. Nebenbei reduzierte sich auch noch der Energiebedarf für die Aufbereitung des Muschelkalks um fast 20 %.
Noch ist Unternehmer Fahrland der einzige Anwender dieses Verfahrens in Deutschland (GP 6/2016 berichtete), doch vermutlich wird er das nicht lange bleiben. Hier kam alles zusammen, was für den Preis prädestiniert: Innovationskraft, Beispielcharakter und Vermarktbarkeit – bewiesen durch den gemeinsamen Auftritt von Anbieter und Anwender bei Bewerbung und Preisverleihung. Möglicherweise ist es auch dieses bekennende „Zusammenstehen“ gewesen, das am Ende den Unterschied zu weiteren potenziellen Kandidaten ausmachte.

Punktsieg: Staatssekretär Beckmeyer (l.) und der Vorsitzende der Jury, Prof. Watzel (r.), zeichnen die BHS Sonthofen für das Combimix-Verfahren aus, das beim MSW Mineralstoffwerke Südwest im Einsatz ist. Foto: BGR/photothek
Auf die nächste Runde vorbereiten
Der Bewerbungszeitraum für den Deutschen Rohstoffeffizienzpreis 2017 beginnt voraussichtlich im September dieses Jahres.

Mitmachen können Unternehmen mit bis zu 1000 Mitarbeitern und mit Sitz in Deutschland sowie gemeinnützige Forschungseinrichtungen.
Alle für den Preis nominierten Unternehmen und Forschungseinrichtungen bekommen nicht nur eine große Bühne vor Fachpublikum in Berlin, sondern erhalten zudem ein professionell produziertes Video über das eingereichte Projekt, das sie im Rahmen ihrer Öffentlichkeitsarbeit einsetzen können.
Mehr Informationen finden Sie unter:
www.deutscher-rohstoffeffizienz-preis.de
Die ansprechenden Videos der bisherigen Preisträger können über folgende Links oder die Internetseite zum Rohstoffeffizienzpreis aufgerufen werden. Reinschauen lohnt sich!
Text: Gabriela Schulz (gsz)